Besser lernen durch bewusstes Atmen

Wenn es um Schwierigkeiten beim Lernen geht, beispielsweise um Blockaden in Prüfungssituationen oder Momente ohne jede Energie, kann uns ein ganz einfaches Mittel helfen: bewusstes Atmen.

Atem ist etwas Wunderbares. Je nachdem, wie wir ihn einsetzen, kann er sowohl beruhigend, als auch aktivierend wirken.

In meinem Lerncoaching setze ich gerne Atemübungen ein. Einigen Kindern und Jugendlichen ist es dadurch gelungen, ihre Panik in Klassenarbeiten quasi wegzuatmen.

Weil ich mehr über das Atmen wissen wollte, habe ich mich mit der Atemtherapeutin Karin Meinzer unterhalten. Meine Erkenntnisse aus dem Gespräch liest du hier.

Karin Meinzer ist ganzheitlich arbeitende Atemtherapeutin mit eigener Praxis in Leipzig.

Mit ihren Angeboten rund ums Atmen unterstützt sie Menschen mit mentalen und körperlichen Problemen wie Kurzatmigkeit, Asthma, Rückenschmerzen, Stress-Symptomen oder Schlafstörungen.

Für Karin ist Atmen viel mehr als Luft ein- und auszuatmen. Sie beschreibt es so: „Atem ist mein Partner fürs Leben. Er ist immer an meiner Seite, wie eine tolle Lehrerin.

Wenn du mehr über Karin und ihre Arbeit erfahren möchtest, dann schau gerne auf ihrer Website vorbei: https://www.atemlounge-leipzig.de/

1. Die 3 Ebenen des Atems

Das Atmen wirkt auf drei Ebenen

  • Emotional-kognitiv
  • Motorisch-muskulär
  • auf das vegetative Nervensystem

Damit hat das Atmen auf ganz unterschiedliche Bereiche Einfluss: auf Denken und Erleben, auf körperliche Funktionen, auf Schlaf und Erholung. Das hört sich erst einmal ganz schön theoretisch an, aber wenn du meine Beispiele aus meiner eigenen Erfahrung liest, kannst du dir sicherlich mehr darunter vorstellen.

a. Die emotional-kognitive Ebene

Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich mitten im Schul-Unterricht einen Anruf bekam, dass sich eines meiner Kinder beim Schlittschuhlaufen verletzt hatte. Ich saß in einer Klasse vor 30 Kindern, aber eigentlich wollte ich sofort zu meinem eigenen Kind. Was sollte ich tun? Ich war kopflos und fahrig und wusste gar nicht, wie ich mich verhalten sollte. Mein Atem ging schnell und mein Kopf fühlte sich komplett leer an.

Wie gut, dass ich mir einen Augenblick Zeit nahm, ganz bewusst durch die Nase ein- und durch den Mund wieder ausatmete! Ich kam aus dem Panikmodus raus, wurde ruhiger und organisierte meine Schulpflichten so, dass ich schnell zu meinem Kind ins Krankenhaus konnte.

b. Die motorisch-muskuläre Ebene

Dass beim Sport auf einmal alles besser funktioniert, wenn ich meine Bewegungen und meine Atmung in Einklang bringe, habe ich immer wieder erlebt.

Ich erinnere mich noch gut an viel zu lange Fahrradtouren, bei denen ich nach 2/3 der Strecke schon vollkommen erschöpft war. Sobald ich allerdings den Atem ans Pedaltreten anpasste (oder vielleicht auch umgekehrt – das Strampeln passte ich ans Atmen an), hatte ich wieder mehr Energie und konnte auch letzte Anstiege ganz gut meistern.

c. Das vegetative Nervensystem

Wie stark regulierend das Atmen wirken kann, erfahre ich immer wieder, wenn ich mich bewusst auf das Luftholen und Ausatmen einlasse. Ein paar Augenblicke reichen und ich fühle mich erholter und habe mehr Energie.

2. Atmen als ganzheitliches Erleben

In Karins Atempraxis geht es nicht darum, strikte Atemübungen durchzuführen und den Atem zu steuern. Ihr ist es wichtig, dass der Atem fließt.

Das ist allerdings ein Zustand, den wir nicht sofort erreichen können. Wie bei Vielem ist es auch beim Atmen so, dass nur das regelmäßige Üben und Wiederholen zum Ziel, also zum fließenden Atem führt.

Ein großer Vorteil, wenn wir unseren Atem fließen lassen: Unser Kopf kann entspannen und das Körperbewusstsein kann gestärkt werden.

Für Karin ist das Atmen nichts Isoliertes, sondern wirkt am besten, wenn es mit Bewegung verknüpft wird. Das deckt sich ja mit meiner Erfahrung beim Fahrradfahren!

3. Atem-Tipps

Damit Karins Tipps fürs Atmen gelingen, ist die Körperhaltung wichtig.

Du solltest gut geerdet sein. Dafür sollten deine Füße den Boden spüren. Gut ist es, wenn du ganz langsam das Gewicht etwas von einem auf den anderen Fuß verlagerst. Vielleicht hilft dir die Vorstellung, ein Baum mit kräftigen Wurzeln zu sein, den nichts umhauen kann.

I. Bei Aufregung

Wer aufgeregt ist, neigt dazu, viel zu schnell und oberflächlich zu atmen. Hyperventilieren kann die Folge sein. Um das zu vermeiden, ist es wichtig, durch die Nase ein- und durch den Mund auszuatmen.

a) Atme zuerst aus.

Wenn man bei starker Aufregung zur Ruhe kommen möchte, sollte man seinen Fokus auf das Ausatmen legen. Dazu musst du gar nichts tun, einfach den Atem fließen lassen.

b) Kombiniere deine Atmung mit Bewegung

Auch in Prüfungs-Situationen ist es durchaus möglich, den Atem mit Bewegung zu verknüpfen. Probiere doch mal die Lotusblüten-Übung aus, die du auch in Arbeiten so diskret ausüben kannst, dass niemand etwas mitbekommt.

  • Drehe deine Hände so, dass die Handflächen nach oben zeigen.
  • Stell dir jetzt vor, dass sich in der Mitte deiner Handfläche eine Lotusblüte befindet, die auf- und wieder zugeht. Du folgst mit den Händen diesem Auf- und Zugehen im Wechsel. Dein Atem passt sich an die Bewegungen an. Wenn du aufgeregt bist, dann führe die Handbewegungen langsamer aus. Dein Atem passt sich an und wird ruhiger, deine Aufregung nimmt ab.

Wenn du unter Prüfungsangst leidest und diese Atemübung ausprobieren möchtest, solltest du sie auf jeden Fall schon vorher mehrmals zuhause geübt haben. So kannst du dich im Ernstfall gut und schnell daran erinnern.

II. Für mehr Energie

Übrigens kannst du die Lotusblüten-Übung auch prima für einen Energie-Kick anwenden. Hierzu bewegst du die Hände schneller. Dein Atem folgt der Bewegung, du nimmst mehr Sauerstoff auf und bekommst dadurch mehr Energie.

III. Für schnelle Ganzkörper-Entspannung

Und ganz zum Schluss noch ein super einfacher Tipp für eine schnelle Entspannung: Gähne einfach herzhaft!

Einen Schönheits-Preis gibt es nicht fürs Gähnen, aber wie gut tut das doch!

Faszinierend, dass uns das, was wir ohnehin ständig machen – atmen – auf so vielfältige Weise den Alltag erleichtern kann, oder?

6 Kommentare zu „Besser lernen durch bewusstes Atmen“

  1. Liebe Ilka, schön dass ich dir einen Einblick in meine Arbeit geben durfte. Gerne stehe ich dir für weitere Fragen zur Verfügung. Toll, dass du das Gähnen sogar auf einem Foto verewigt hast, 😉❣️ Und… kein schlechtes Gewissen beim Gähnen 🥱 ❣️Es ist das Beste, was du für dich tun kannst. Dazu gibt’s wissenschaftliche Studien, 😌❣️
    Atembewegt & Herzlichst, Karin

    1. Liebe Karin,
      vielen Dank nochmals für deine interessanten Ausführungen über das Atmen. Oft sind es ja die scheinbar kleinen Dinge (wie das Atmen), die viel bringen und
      doch sehr viel komplexer sind als man denkt.
      Dass Gähnen so gesund ist, finde ich prima, denn ich praktiziere das oft und gerne.
      Viele Grüße
      Ilka

    1. Liebe Susanne,
      vielen Dank für deine netten Worte! Schon beim Lesen des Wortes „Gähnen“ verfalle ich sofort in selbiges.
      Aber inzwischen weiß ich ja, wie gut und gesund es ist und genieße es.
      Viele Grüße
      Ilka

  2. Liebe Ilka,
    Vielen Dank für diesen informativen Bericht. Besonders einfach und wirksam ist Lotusübung, die kann jeder sofort anwenden. Ich bin sowieso der Meinung, dass in den Schulen dringend so etwas gelehrt werden sollte. Alle können von solchen Übungen sicherlich profitieren.
    Lieben Gruß, Birgit

    1. Liebe Birgit,

      ganz bestimmt wäre es sinnvoll, wenn unsere Kinder und Jugendliche in der Schule auch Dinge wie Achtsamkeit, Atemübungen, gesunde Ernährung lernen würden. Und zwar von Profis und nicht nur während einzelner Projekttage.
      Die Lotusübung finde ich auch klasse, weil sie so einfach auszuführen ist.
      Viele Grüße
      Ilka

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