Wer war eigentlich Konrad Duden?

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Obwohl ich als Deutschlehrerin und Lerntrainerin viel mit Rechtschreibung zu tun habe, ist mir nicht immer klar, wie ein Wort korrekt geschrieben wird. Was ich dann mache? Das, was vermutlich die meisten machen würden. Ich informiere mich im Duden über die richtige Schreibweise. Der Satz: „Schlag das mal im Duden nach!“ ist eine feste Redewendung und gibt einen guten Eindruck, welchen Stellenwert dieses Werk in unserem Alltag hat.

Der Duden und ich – ein bisschen ist es so wie in dem alten Klaus Lage Hit: „1.000 Mal berührt…“. Vermutlich habe ich sogar weit häufiger als 1.000 Male im Duden etwas nachgeschlagen. Worüber ich mir dabei allerdings nie Gedanken gemacht habe: Wer war eigentlich dieser Konrad Duden, der das bekannte Rechtschreibwerk verfasst hat? Und was war seine Motivation?

Als ich etwas über das Leben und Wirken des Mannes lese, dessen Name untrennbar mit der deutschen Rechtschreibung verknüpft ist, stelle ich übrigens fest: Wir haben einige Gemeinsamkeiten, Konrad Duden und ich! Aber darum soll es hier nicht vorrangig gehen, sondern um das Leben des Mannes hinter dem dicken, gelben Rechtschreib-Wälzer.

1. Vom Niederrhein in die weite Welt

Konrad Alexander Friedrich Duden wird 1829 in Wesel am Niederrhein auf einem Gutshof geboren. Das hört sich nach einer sorglosen Kindheit in wohlhabenden Verhältnissen an, entwickelt sich jedoch ganz anders. Die Familie gerät in finanzielle Not und muss das Gut verlassen. Mit dem Umzug zerbricht auch die Familie. Der Vater zieht nach Dinslaken und die Mutter versucht, ihre Söhne im Weseler Waisenhaus unterzubringen. Auch in der damaligen Zeit war das überhaupt kein üblicher Weg, wenn beide Eltern noch am Leben sind! Die Jungen werden trotzdem in dem Heim aufgenommen. Ein großer Pluspunkt des Aufenthalts im Waisenhaus: Die beiden Jungen können auf die Weise das Weseler Gymnasium besuchen. Bereits mit 17,5 Jahren verlässt Duden die Schule und geht zum Studium nach Bonn.

In Bonn studiert er Geschichte, Germanistik und klassische Philologie, also Latein und Altgriechisch. Duden kommt während seiner Studentenzeit mit demokratischen Ideen in Kontakt und tritt der demokratischen Burschenschaft „Germania“ bei. Nach nur vier Semestern bricht er sein Studium ab. Vermutlich sind finanzielle Gründe hierfür ausschlaggebend.

Sein Weg führt ihn nach Frankfurt, wo er mehrere Jahre in einer wohlhabenden Familie als Hauslehrer arbeitet. Die Familie begleitet er bei mehreren längeren Auslandsaufenthalten in die französischsprachige Schweiz und nach England. Parallel zu seiner Lehrtätigkeit setzt Duden privat seine Studien fort und legt schließlich als Externer sein Staatsexamen an der Uni Bonn ab. Mit dem Examen erhält er die Lehrerlaubnis und darf Deutsch, Französisch, Latein und Griechisch unterrichten.

Konrad Duden geht nach Soest und beginnt dort sein Referendariat, das er allerdings nach kurzer Zeit abbricht. Er arbeitet wieder als Hauslehrer einer deutschen Familie, die fast das gesamte Jahr über in Genua lebt. Neben seinem Unterricht schreibt Duden dort seine Doktorarbeit. Außerdem lernt er Italienisch. Was ihn am Italienischen begeistert: Die Sprache ist einheitlich und wird weitgehend so geschrieben, wie man sie ausspricht.

2. Zurück in Deutschland

Nach fünf Jahren kehrt Duden zurück nach Deutschland. Er nimmt eine Stelle an der Schule in Soest an, an der er das Referendariat abgebrochen hatte. Schnell macht er innerhalb der Schule Karriere und wird Konrektor. In seiner Soester Zeit heiratet er Adeline, die er in Italien kennengelernt hatte und mit der er sechs Kinder bekommt.

1869 wird er Gymnasialdirektor im thüringischen Schleiz, wo er die Schule vor der Schließung retten soll. Ihm ist klar, dass sich das Schulwesen an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen anpassen muss, die durch die Industrialisierung entstanden sind. Deshalb überarbeitet er den kompletten Lehrplan seiner neuen Schule. Er streicht einige Stunden Religion und Schönschreiben und führt anstelle dessen Naturwissenschaften, moderne Fremdsprachen und Turnen ein. Aber das ist nicht alles, was er an der Schule reformiert.

Die Schüler kommen aus einem Umkreis von 50 Kilometer, aus insgesamt sieben verschiedenen Kleinstaaten. In jedem Kleinstaat wird ein anderer Dialekt gesprochen, eine einheitliche Sprache gibt es nicht. Auch im Schriftlichen sieht es ähnlich aus – eine verbindliche einheitliche Rechtschreibung existiert nicht. Und so kommt es vor, dass an Dudens neuer Wirkungsstätte die Lehrer die Arbeiten ihrer Schützlinge ganz unterschiedlich korrigieren. Ob etwas als falsch oder richtig beurteilt wird, richtet sich danach, welchen Dialekt die Lehrkraft spricht und schreibt.

3. Erste Arbeit zur Vereinheitlichung der Rechtschreibung

Duden empfindet dieses willkürliche Korrigieren als ungerecht und verfasst 1871 ein Werk, um schulintern für eine einheitliche und verbindliche Schreibung zu sorgen. Seine Schrift erlangt über die Schule hinaus an Bekanntheit und wird ein Jahr später in Leipzig gedruckt. Bei seinen Regelungen zur Schreibung orientiert er sich an der gesprochenen Sprache. Damit bleibt er seinen demokratischen Idealen treu. Denn er verspricht sich davon eine Erleichterung des Lesen- und Schreibenlernens für die Angehörigen bildungsferner Schichten.

Duden ist übrigens kein Einzelkämpfer in seinem Bemühen, eine einheitliche Schriftsprache einzuführen. Zu seiner Zeit gibt es einen regelrechten Orthographie-Streit. Neben Duden und seinen Gleichgesinnten, die sich dafür einsetzen, dass sich die Rechtschreibung an der gesprochenen Sprache orientiert, gibt es andere Aktivisten, die eher historisch vorgehen und die Schreibungen vom Mittelhochdeutschen ableiten wollen. Wegen dieser unterschiedlichen Strömungen gibt es bei der 1. Orthographischen Konferenz, die 1876 in Berlin stattfindet, keine Einigung über eine einheitliche Rechtschreibung.

4. Der „Duden“ wird geboren

Duden führt seine Arbeit an einer Vereinheitlichung der Schriftsprache fort, auch 1876 nach seinem Wechsel als Schulleiter an das Hersfelder Gymnasium. 1880 erscheint sein „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache“, das rasch zur Richtlinie der an den Schulen gelehrten Rechtschreibung aufsteigt.

Mit 27.000 Stichworten übersteigt das Werk eigentlich das, was an Schulen gebraucht wird. Einen flächendeckenden Einsatz des Wörterbuchs über den Schulgebrauch hinaus verhindert allerdings Reichskanzler Bismarck. Er verbietet sogar, die in preußischen Schulen gelernte Orthographie in der Verwaltung anzuwenden.

Die Vereinheitlichung der Rechtschreibung und ihr verbindlicher Gebrauch sind also noch nicht erreicht. Dies wird erst im Jahre 1901 möglich, als Vertretern der deutschen Bundesstaaten, Österreichs und der Schweiz eine einheitliche Schreibung auf Grundlage von Dudens Wörterbuch beschließen.

Die Arbeit an dem Wörterbuch und seinen Neuauflagen begleitet Duden den Rest seines gesamten Lebens, bis zu seinem Tod 1911 in einem Ortsteil von Wiesbaden.

5. Konrad Duden ist tot, der Duden lebt

Mit Konrad Dudens Tot endet allerdings nicht die Geschichte seines Wörterbuchs. Nach wie vor gibt es in regelmäßigen Abständen Neuauflagen, aktuell die 28. . Längst ist der Duden digitalisiert und übers Internet leicht abrufbar. Von 1955 bis 1996 war der Duden sogar die amtliche Instanz in der Bundesrepublik im Bereich der Rechtschreibung.

Seit der Rechtschreibreform Mitte der 90iger Jahre hat der Duden diese Rolle verloren. Inzwischen ist der „Rat für Rechtschreibung“ am Institut für Deutsche Sprache das amtliche Organ für Rechtschreibung. Ein offizielles Regelwerk liegt online vor, der Link auf das gedruckte Wörterbuch funktioniert allerdings nicht. Mir scheint das symptomatisch. Denn mal ganz ehrlich: Wer weiß überhaupt, dass dies das offizielle und amtliche Rechtschreib-Organ ist? Den Tipp: „Schlag mal beim Rat für Rechtschreibung nach!“, habe ich noch nie gehört.

Und so greife ich bei Fragen im Bereich der Rechtschreibung auch weiterhin zum dicken gelben Wörterbuch oder zur Online-Fassung vom Duden.

6. Konrad Duden und ich – unsere Gemeinsamkeiten

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Ich hatte ja ganz am Anfang erzählt, dass ich ein paar Gemeinsamkeiten zwischen dem Wörterbuch-Autor und mir entdeckt habe. Die möchte ich dir natürlich nicht vorenthalten. Hier sind sie:

  • Duden und ich habe beide an der Uni Bonn studiert.
  • Wir beide haben die Lehrerlaubnis für Deutsch und Französisch erhalten (bei ihm waren es noch ein paar unwesentliche Fächer mehr).
  • Er und ich habe beide in Wiesbaden gelebt.
  • Konrad und ich haben beide ein starkes berufliches Interesse an der Rechtschreibung. Hier kannst du übrigens einen Blogartikel über mein Verhältnis zur Rechtschreibung lesen.

Noch ein Funfact ganz zum Schluss: Konrad Duden mit seinem Wörterbuch ist aus dem Deutschunterricht nicht wegzudenken. Hätte man das zu seinen Schulzeiten vermutet? Vielleicht nicht, denn im Abitur hat er in Deutsch nur die Note „genügend“ erhalten. Das entspricht heute einer 3 oder 4. Warum ich das extra erwähne? Weil man es auch mit mäßigen (Deutsch-)Noten später einmal weit bringen kann!


Meine Quellen:

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