Um die Lesefertigkeit von Mädchen und Jungen zu verbessern, hilft nur eins: Lesen! Das hört sich einfach an, ist es aber leider gar nicht. Wenn ein Kind die Grundlagen nicht beherrscht und jedes Entziffern zur Schwerstarbeit wird, ist die Lesemotivation äußerst gering. Viele schwache Leser*innen geraten in eine Vermeidungshaltung und stehen damit einer Verbesserung ihrer Lesefertigkeit im Wege. Willkommen im Teufelskreislauf!
Um diesen Teufelskreislauf zu durchbrechen, ist es sinnvoll, wenn ein Kind an seiner Leseflüssigkeit arbeitet.
So funktioniert ein Lesetandem
Ich empfehle dir hierzu den Einsatz von Lesetandems. Die Tandems bestehen immer aus zwei Personen, wobei die eine besser und die andere schlechter liest. Gemeinsam liest das Zweierteam synchron einen Text halblaut vor, der als Kopie vor den beiden liegt. Die Person, die sicherer lesen kann, fährt dabei zur besseren Orientierung mit dem Finger im Lesetempo unter dem Text entlang.
Insgesamt sollte das Team einen Text vier Mal während einer Übungseinheit lesen. Hilfreich kann es sein, wenn das lesekompetentere Kind die falsch gelesenen Wörter unterstreicht. Verwendet es hierfür unterschiedliche Farben, so fällt sofort auf, welche Wörter das leseschwächere Kind in den folgenden Durchgängen korrekt gelesen hat. Ihr könnt den Lernfortschritt also sofort visuell wahrnehmen.
Lesen als Sport
Die Frankfurter Lesedidaktikerin Cornelia Rosebrock, die mit ihrem Team das Konzept der Lesetandems etabliert hat, schlägt vor, bei der Einführung von Lesetandems eine Analogie zum Sport herzustellen und die Leser*innen in die Rolle von Coach und Sportler schlüpfen zu lassen. Wie im Sport hat die Zweiergruppe das Ziel, die Leistungen des Sportlers, also des schwächeren Lesers, gemeinsam zu verbessern. Hierfür müssen ihm Hilfestellungen gegeben werden, es geht außerdem darum, Fehler zu finden und zu korrigieren, aber auch Motivation und Lob sind extrem wichtig, damit der Sportler durchhält und das Training erfolgreich ist.
Das Lesen im Zweierteam funktioniert übrigens prima im regulären Deutschunterricht, aber auch in der außerschulischen Förderung und beim Üben in der Familie.
Kommen wir nun zur Durchführung einer Lesetandem-Einheit.
So führt man ein Lesetandem durch
Die Übungseinheiten des Lesetandems folgen einem einfachen Schema, das in jedem Durchgang gleich ist.
- Auf ein Signal hin beginnt das Tandem mit dem halblauten Lesen des Textes. Um den Start anzugeben, kann der Trainer von 3 rückwärts bis 1 gehen und bei seinem Kommando „Los“ beginnt das gemeinsame Lesen.
- Wenn der Sportler einen Fehler macht, klopft der Trainer auf den Tisch.
- Verbessert der Sportler seinen Fehler innerhalb von vier Sekunden, wird zum vorherigen Satzanfang gesprungen und von dort aus neu gestartet.
- Gelingt es dem Sportler in den vier Sekunden nicht, sich selber zu korrigieren, zeigt der Trainer auf das falsch gelesene Wort und verbessert es. Hat sich das Tandem im Vorfeld darauf geeinigt, die falsch gelesenen Wörter zu markieren, erfolgt dies ebenfalls in diesem Schritt. Zum Weiterlesen springen Sportler und Trainer ebenfalls zum letzten Satzanfang.
- Nach einer Weile des gemeinsamen Lesens kann der Sportler durch ein vorher vereinbartes Handzeichen anzeigen, dass er den Text alleine weiterlesen möchte.
- Der Trainer lobt, liest leise weiter mit und fährt auch weiterhin mit dem Finger unter dem Text lang.
- Nach jedem Durchgang machen die Mitglieder des Lesetandems ein Häkchen auf dem Arbeitsblatt.
Normalerweise reichen vier Durchgänge aus, bis die Tandemmitglieder den Text flüssig und betont vorlesen können. Ist dies nicht der Fall, wiederholen sie den Text so lange, bis sie ihn korrekt vorlesen können.