Auf der Suche nach meiner Schreib-Freude

Auf der Suche nach meiner Schreibfreude

Ich bin Deutschlehrerin, Legasthenie-Trainerin und Bloggerin. Logisch, dass ich viel und gerne schreibe. Oder etwa nicht?

Viel geschrieben habe ich mein Leben lang. Immer schon habe ich mir Notizen gemacht, unzählige Briefe und später Mails geschrieben. Ich habe Tagebuch geschrieben und mit Stift und Papier Probleme analysiert und Lösungsansätze gefunden. Außerdem verfasste ich Texte für meinen Beruf in Form von Berichten, Interpretationen und Zusammenfassungen.

Und doch ist mir zwischenzeitlich die Schreib-Freude verloren gegangen. Mir fehlte das freiere, erzählerische Schreiben. Das Schreiben, in dem ich selber vorkomme und in dem Phantasie, schöne Formulierungen und emotionale Nähe wichtig sind.

Wie es zu meinen mageren Schreib-Jahren kam, wodurch ich wieder Freude am Schreiben gewann und was ich heute als wichtige Bestandteile meiner Schreib-Freude empfinde, liest du in diesem Text.

Zunächst einmal geht es aber zurück in die Zeiten, als ich begeistert vom Schreiben war und diesbezüglich große Pläne hatte.

1. Ich will schreiben!

Ich erinnere mich noch an eine Klausur im Französisch-Unterricht in der Oberstufe. Das Thema war „Glück“ und wir sollten aufschreiben, was uns in der Zukunft glücklich machen würde. Für mich war ganz klar, was ich in der Klausur schreiben würde: In der Zukunft werde ich ein Buch schreiben und das wird mich glücklich machen!

Dieser Wunsch passte gut zu meinem damaligen Leben. Schreiben war für mich sehr wichtig und machte mir Spaß. Ich veröffentlichte in der Schülerzeitung Artikel, besuchte Schreib-Kurse für Jugendliche, machte ein journalistisches Praktikum.

Ich hatte sogar überlegt, in den Journalismus zu gehen, entschied mich dann aber dafür Lehrerin für Deutsch und Französisch zu werden. Denn dann würde ich auch viel schreiben können und meine Schreib-Begeisterung an junge Menschen weitergeben können. Dachte ich zumindest.

2. Wissenschaftliches Schreiben für die Schublade

Im Studium spielte das Schreiben wirklich eine große Rolle und ich produzierte eine wissenschaftliche Hausarbeit nach der anderen. Richtigen Spaß machte das allerdings nicht.

Monatelang hatte ich meine Examensarbeit („Die Darstellung der Prostituierten in den Novellen von Guy de Maupassant“) geschrieben. Traurig, dass sie nur von einer Handvoll Leuten gelesen wurde.

Meine Schreib-Freude lebte ich in der Zeit in vielen ausufernden Brief-Wechseln aus. Dazu muss ich sagen, dass ich vor langer Zeit studiert habe (im letzten Jahrtausend!), das Internet für Normalos wie mich und meine Freundinnen noch keine Rolle spielte und das Briefeschreiben viel normaler war als heute.

Als ich im Referendariat war, kam das Internet in mein Leben. Eine Folge davon war, dass die Briefwechsel durch Mails ersetzt wurden. Mag an dem Medium liegen oder an der Zeit, die immer knapper wurde – die Mails fielen kürzer aus als die Briefe von früher, wurden sachlicher und hatten nicht mehr den persönlichen Touch.

3. Die schreib-müde Deutschlehrerin

Auch als Deutsch-Lehrerin schrieb ich viel: Anschriebe an die Tafel, Kommentare unter Arbeiten und Klausuren, Musterlösungen, Mails an Eltern, Aufgabenstellungen und Arbeitsblätter. Alles pragmatische Schreibanlässe.

Für die Art des Schreibens, die mir viel Freude gemacht hatte, gab es kaum Zeit und Anlässe. Ab und zu mal, wenn ein runder Geburtstag oder eine Hochzeit anstand, bereitete ich Beiträge vor und genoss es, spritzige Formulierungen zu finden und originelle Texte zu verfassen.

Im Schulalltag war das höchste der Schreib-Gefühle, wenn ich einen ansprechenden Diktat-Text schrieb.

4. Im Schloss finde ich meine Lust am Schreiben

Ausgerechnet eine Lehrer-Fortbildung brachte die Wende.

Lehrer-Fortbildungen, bei denen ich sonst gewesen war, hatten in Schulen stattgefunden. Ein bekanntes, aber nicht besonders inspirierendes Setting.
Die Themen waren bei diesen Veranstaltungen immer darauf ausgerichtet, konkrete schulische Situationen zu verbessern.

Dieses Mal führte mich die Lehrer-Fortbildung in ein Schloss! Es gab ein Büffet! Die Begrüßung durch die Fortbildungs-Leiterin wurde von Musik und kleinen Theater-Szenen eingerahmt! Und nicht die Schüler*innen standen im Zentrum der Veranstaltung, sondern das Schreiben der Deutsch-Lehrkräfte! Ich war begeistert.

Und obwohl diese Veranstaltung bestimmt schon sieben Jahre her ist, erinnere ich mich immer noch an viel, zehre noch heute davon.

5. Schreiben und Diskutieren

Der Rahmen war für mich schon besonders und inspirierend. Noch viel mehr war es das eigentliche Programm.

Im Vorfeld hatten wir uns für die Arbeit mit zwei Autorinnen melden können und von ihnen Schreibaufgaben erhalten, die wir bei der Fortbildung vorlesen und besprechen sollten. Auch das fand ich großartig!

Ich hatte mich für die Veranstaltung bei der Autorin Eva Demski entschieden. Sie hatte uns die Aufgabe gegeben, einen Brief an uns selbst zu schreiben. Für mich war schon das Schreiben des Textes sehr intensiv. Richtig toll fand ich das Vorlesen und Besprechen der Texte.

Später erkundigte ich mich übrigens bei den anderen Seminarteilnehmer*innen aus der anderen Grupp nach ihrer Schreibaufgabe. Sie sollten sich selber in ein Buch reinschreiben.

Diese Aufgabenstellung fand ich so toll, dass ich sie nach dem Seminar bearbeitete. Ich baute sie noch weiter aus und brachte auch noch ein bekanntes Fernsehformat unter.

Immerhin 11 Seiten lang ist mein Text „Frauentausch mit Connies Mama“ geworden und noch lange nicht zu Ende.

6. Kreatives Schreiben für die Schublade

Im Anschluss an diese Fortbildung war sie wieder da – die Lust am Schreiben!

An der Volkshochschule besuchte ich Seminare für kreatives Schreiben. Mit ein paar anderen Teilnehmerinnen bildeten wir einen kleinen Kreis, um dranzubleiben und unsere Texte zu besprechen.

Ab und zu trafen wir uns per Skype, aber schon bald klinkte ich mich aus. Ich hatte doch keine Zeit, dachte ich. Meinen Alltag mit Schule, jungen Kindern und Haushalt machte ich dafür verantwortlich, dass meine Schreib-Begeisterung wieder einschlief.

7. Bloggen für mich und andere

Dann änderte sich sehr viel in meinem Leben: Aus gesundheitlichen Gründen musste ich meine Arbeit in der Schule aufgeben und ich beschloss mich selbstständig zu machen.

Mit meiner Website entstand zeitgleich mein Blog und beim Schreiben der ersten Blog-Artikel war sie wieder da – meine Schreib-Freude! Seit zweieinhalb Jahren blogge ich und möchte es nicht mehr missen.

Ich schreibe über meine Fachthemen – das Lesen, Schreiben und Lernen. Aber immer wieder gibt es von mir auch persönlichere Texte wie beispielsweise Rückblicke.

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8. Was macht bei mir die Schreib-Freude aus?

Wenn ich auf meine mageren Schreib-Phasen zurückblicke, stelle ich fest, dass es hierfür zwei Gründe gab.

  1. Als Lehrerin musste ich ganz viele sachliche Texte schreiben. Der Fokus auf diese unpersönliche Art des Schreibens lähmte meine Lust am Fabulieren und Formulieren
  2. Mir fehlte die Resonanz auf meine Texte. Auf die Texte, die ich im Schul-Kontext schrieb, bekam ich allenfalls knappe Rückmeldungen, die sich auf den Inhalt bezogen. Und das, was ich nach meinem Ausflug ins Kreative Schreiben produzierte, landete ungelesen in der Schublade beziehungsweise in einer Datei auf dem Rechner.

Beim Bloggen ist das ganz anders. Ich weiß, dass meine Texte gelesen werden und freue mich immer sehr, wenn mir jemand in die Kommentare schreibt, dass einer meiner Blogartikel weitergeholfen oder gut unterhalten hat.

Wenn ich einen Blogartikel veröffentliche, gibt es zwar nicht so viel spontane Interaktion wie bei Instagram und co. Aber auch durch das Blog-Schreiben und Blog-Lesen habe ich schon einige tolle Menschen kennengelernt, mit denen ich mich immer wieder austausche.

Ab und zu denke ich an meinen alten Traum vom Buchschreiben. Sollte ich nicht einfach mal anfangen? Aber dann frage ich mich, ob mir bei einem so großen und langwierigen Projekt nicht der Austausch und die direkte Rückmeldung fehlen würden, die ich beim Bloggen so mag.

Dieser Text ist übrigens im Rahmen der Blogparade „Schreiben über das Schreiben“ von Anna Koschinski entstanden. Solche Events wie diese Blog-Parade oder die Blog-Aktionen von Judith Peters mag ich sehr, denn auch hier entsteht ein wunderbares Gemeinschaftsgefühl mit den anderen Mit-Blogger*innen.


Du möchtest mehr über meinen Weg zum Bloggen lesen? Dann könnten diese Texte für dich interessant sein:

Im Sommer 2021 hatte ich beschlossen, mich selbstständig zu machen. Mir war klar, dass ich für meinen Schritt in die Selbstständigkeit eine Website bräuchte. Ich wusste bloß überhaupt nicht, was ich wollte, wie die Gestaltung meiner Seite sein sollte und hatte keine Idee, wie ich meine Leser*innen ansprechen sollte.

Ich vertagte die Entscheidungen rund um meine Homepage und buchte anstelle dessen bei Judith Peters einen mehrwöchigen Blogkurs.

Nach diesem Kurs hatte ich nicht nur die ersten Blogartikel veröffentlicht, sondern auch eine erste Version meiner Website gebastelt und mehr Klarheit darüber gewonnen, wie und mit wem ich arbeiten wollte…
Weiterlesen kannst du hier

Wenn du dir mal anschaust, wie Lerncoaches, Legasthenie-Trainerinnen oder Lerntherapeutinnen zu ihrem Beruf gekommen sind, dann fällt auf, dass sehr viele – vielleicht sogar alle? – vorher etwas anderes gemacht haben. Das war bei mir nicht anders.

Oft zeigt sich bereits in der Kindheit oder Jugend, wohin es einen Menschen beruflich zieht. Wenn ich allerdings auf meinen ersten Berufswunsch zurückblicke, dann führte er in eine Sackgasse.

Das lag aber nicht an mir, sondern an der Welt und insbesondere an meiner Familie, die damals (noch) nicht bereit war für meine Leidenschaft, die ich eigentlich zu meinem Beruf hatte machen wollen.

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5 Kommentare zu „Auf der Suche nach meiner Schreib-Freude“

  1. Liebe Ilka, danke für diesen Einblick in deine Schreibreise. Ich habe mich durch deinen Beitrag an einigen Stellen sehr erinnert gefühlt. Was für wunderbar ausufernde Briefe wir früher geschrieben und gelesen haben und wie verkürzt und versachlicht sich das durch das Schreiben von E-Mails hat. Ich finde das sehr bedauerlich. Es wird wohl ab der Zeit der 90er-Jahre kaum noch Briefwechsel geben, die veröffentlicht werden, dabei lese ich noch heute gern Briefwechsel, letztens erst den von Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Auch dein Bedauern des wissenschaftlichen Schreibens für die Schublade kenne ich nur zu gut. Monatelange Recherchen, Interviews und das alles für eine Note.
    Deine Erfahrung von der Fortbildung liest sich toll – das Schloss scheint aber auch ein außergewöhnlicher Ort zu sein. Schön, dass uns das dynamische Bloggen es ermöglicht, alle Arten des Schreibens auszuleben. Ich freue mich auf mehr von dir. LG Sylvia

    1. Liebe Sylvia,

      schön, dass du einige meiner Erfahrungen teilst – wenn auch es wirklich etwas traurig ist, dass das Briefeschreiben inzwischen wohl zu den verlorenen Kulturtechniken gehört. Wie gut aber, dass wir das Bloggen haben und uns dabei schreibend etwas „austoben“ können.

      Viele Grüße
      Ilka

  2. Liebe Ilka,
    danke fürs Mitnehmen in deine Erlebnisse übers Schreiben. Dass dich diese intensive Schreibgeschichte irgendwann zum Bloggen führen würde, scheint im Rückblick sehr passend und fast unvermeidlich. 🙂
    Deine Conni-Frauentausch-Geschichte würde ich gerne mal lesen!
    Liebe Grüße
    Wiebke

    1. Liebe Wiebke,

      danke für deine lieben Worte.
      Ob man meine Conni-Geschichte irgendwann lesen kann, bezweifele ich. Obwohl meine Tochter, der ich sie mal vorgelesen habe, mich immer mal wieder drängt weiterzuschreiben.

      Viele Grüße
      Ilka

      1. Liebe Ilka,

        ich möchte bitte auch deine Frauentausch-Geschichte lesen! Briefwechsel habe ich auch sehr geliebt. Mit Mails habe ich das Fortführen des Hin- und Herschreibens versucht, aber nie in dem Maße und der Tiefe erreicht. Das bedaure ich auch sehr.

        Wie schön, dass du deine Blog-Stimme gefunden hast und immer weiter ausbaust.

        Liebe Grüße, Silke

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