3 mögliche Gründe, warum dein Kind noch nicht schreiben kann

Wenn dein Kind am Ende der ersten Klasse noch nicht richtig schreiben kann, machst du dir wahrscheinlich Sorgen. Du denkst vielleicht, dass dein Kind schon mehr können müsste. Das erzeugt Druck bei dir. Und ob du es willst oder nicht: Dieser Druck überträgt sich auch auf dein Kind.

Dazu kommt, dass dein Kind natürlich selber merkt, dass es im Schriftsprachlichen nicht genauso weit ist wie die Klassenkamerad*innen. Ob es eher versucht die Situation als Klassenclown zu überspielen oder sich zurückzieht, hängt vom Charakter ab. Eins ist auf jeden Fall klar: Für das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl ist das Gefühl mit den Klassenkamerad*innen nicht mithalten zu können Gift.

Was sollte dein Kind Ende der ersten Klasse schreiben können?

Bei uns hat jedes Bundesland andere Lehrpläne. Im Grundschulbereich sind in den Lehrplänen häufig die zu erlernenden Kompetenzen der ersten beiden Schuljahre zusammengefasst. In einigen Bundesländern wie Bayern gelten die Kompetenzpläne sogar für die komplette vierjährige Grundschulzeit.

Der Blick in den Lehrplan eures Bundeslandes hilft daher nicht unbedingt weiter, um zu erfahren, welchen Stand dein Kind beim Übertritt in Klasse 2 haben sollte. Zudem gibt es regionale Unterschiede, die eine einheitliche Aussage schwierig machen.

Dennoch gibt es eine Art Kanon, was dein Kind am Ende der 1. Klasse im Bereich des Schreibens können sollte:

Was tun, wenn mein Kind beim Schreiben hinterherhinkt?

Keine Panik, wenn dein Kind noch nicht all das kann, was auf der Liste steht! Es ist gut möglich, dass die Klasse noch nicht so weit ist, dass in der Schule andere Schwerpunkte gesetzt werden oder in eurem Bundesland andere Anforderungen gelten.

Um beurteilen zu können, warum dein Kind noch nicht so weit ist, empfehle ich dir einen Blick in sein Schulmaterial. Hat dein Kind die Übungen korrekt gemacht oder erkennst du, dass es in einem Bereich Lücken hat?

Wenn du dir unsicher über den Stand deines Kindes bist, können dir Gespräche mit anderen Eltern der Klasse oder mit der Lehrkraft weiterhelfen.

Bei der Förderung von Schreibdefiziten ist es zwar günstig, so frühzeitig wie möglich zu beginnen, damit sich das Kind die falschen Strukturen nicht einprägt. Das ist allerdings nicht immer möglich und du solltest nicht in Panik verfallen, wenn dein Kind nicht ganz früh eine Förderung erhalten hat. Oft fällt eine Schreibschwäche nicht sofort auf, sondern erst, wenn ein Lehrerwechsel erfolgt oder das Kind in die weiterführende Schule wechselt. Auch dann ist es bei entsprechender Unterstützung noch gut möglich, die Defizite aufzuholen.

Woran kann es eigentlich liegen, dass dein Kind diese Probleme mit dem Schreiben hat?

1. Probleme mit dem Hören und dem Sehen

Um richtig schreiben zu können, ist gutes Sehen und Hören absolut notwendig.

Ausgangspunkt für das Schreiben sind Wörter, die wir in Laute zerlegen. Diese Laute übertragen wir in Buchstaben, also in die Schriftsprache. Gelingt es uns nicht, die einzelnen Laute richtig zu verstehen und zu unterscheiden, ist die Laut-Buchstaben-Zuordnung nicht möglich. Deshalb wird auch das Schreiben nicht gelingen.

Für das Aufschreiben der Buchstaben, aus denen die einzelnen Wörter gebildet werden, ist außerdem eine gute Sehkraft erforderlich. Wenn ein Kind nicht richtig sieht, wird es keine gelungenen Schreibversuche zu machen, da es seine eigenen Buchstaben nicht mit den Vorbildern vergleichen kann. Bei schlechter Sehkraft fällt es dem Kind außerdem schwer, mit seinen Buchstaben in der Lineatur zu bleiben.

Falls dein Kind Probleme mit der Schriftsprache hat, dann lass am besten als erstes vom Kinderarzt oder einem Facharzt abklären, ob dein Kind ausreichend gut hören und sehen kann.

Wenn bei deinem Kind organische Ursachen der Grund für das stockende Schreibenlernen sind, wird ihm wahrscheinlich ein Hilfsmittel verordnet, mit dem es seine Defizite beim Hören oder Sehen ausgleichen kann.

2. Eine Strategie im Schreiblernprozess wurde nicht umgesetzt

Das Schreibenlernen ist ein langwieriger Prozess und ein Kind muss nacheinander verschiedene Strategien kennenlernen und umsetzen, um diese Fertigkeit ausbilden zu können.

Nach Herné/Löffler

a) Die Strategien des Schreiblernprozesses

Bei jedem Schritt zum kompetenten Schreiben ist es wichtig, dass dein Kind eine gute Unterweisung erhält und versteht, welche Fertigkeiten es lernen soll. Anschließend muss dein Kind diese Fertigkeit automatisieren, also so lange üben, bis es sie durchführen kann, ohne sich darauf konzentrieren oder darüber nachdenken zu müssen.

Hat das mit der Automatisierung bei einer Strategie nicht funktioniert, so wird dein Kind auch nicht den nächsten Schritt beim Schreibenlernen machen können und keine Fortschritte machen.

b) Was tun bei Problemen im Schreiblernprozess?

Zunächst einmal ist es wichtig herauszufinden, an welcher Stelle des Schreiblernprozesses dein Kind aktuell steht. Nur so ist sinnvolle Förderung möglich, die es deinem Kind ermöglicht, die fehlenden Fertigkeiten zu lernen.

Manche Schulen führen standardmäßig Lese- und Rechtschreibtests mit ihren Schüler*innen durch. Die Ergebnisse solcher Tests können einen Hinweis darauf geben, welche Fertigkeiten deinem Kind noch fehlen.

Diese Tests werden in der Regel zu Schuljahresbeginn durchgeführt. Kommt bei deinem Kind erst im Laufe des Schuljahres der Verdacht auf, dass ihm Grundlagen des Schreibens fehlen, solltest du dein Kind einer Fachperson mit speziellen Kenntnissen des Lesen- und Schreibenlernens vorstellen. LRS-Trainer*innen oder Lerntherapeut*innen sind hierfür deine Ansprechpartner*innen und können beurteilen, welche individuelle Unterstützung dein Kind benötigt.

c) Ungefestigte Handschrift

Wenn dein Kind Probleme damit hat, die Buchstaben zügig und gut lesbar aufs Papier zu bringen, kann dies auch dazu führen, dass es mit dem Schreiben nicht so klappt. Häufig ist dafür eine nicht-automatisierte Handschrift verantwortlich. Das bedeutet, dass deinem Kind die exakte Form und/oder die Schreibbewegung nicht automatisch abrufbar ist. Um das Schreiben wie im Schlaf zu beherrschen, sollte dein Kind ein Schrifttraining machen. Hierfür könnt ihr eine Expertin heranziehen oder dein Kind übt eigenständig mit entsprechenden Übungsheften.

3. Eine Teilleistungsstörung liegt vor

Der Begriff Teilleistungsstörung bedeutet, dass ein Mensch in einem Teilbereich wie Lesen, Schreiben oder Rechnen starke Lernprobleme hat, obwohl er ganz normal zur Schule geht, nicht unterdurchschnittlich intelligent oder krank ist.

a) Unterschied zwischen Auslassen einer Lernstufe und einer Teilleistungsstörung

Von außen betrachtet findet man keinen Unterschied zwischen dem Auslassen einer Lernstufe beim Schreiben und einer Teilleistungsstörung.

Wenn dein Kind eine Lernstufe beim Schreibenlernen ausgelassen hat, liegt die Ursache in Verständnisproblemen oder es hatte zu wenig Zeit für festigendes Wiederholen. Diese Problematik ist „erworben“ und dein Kind kann sie mit entsprechender Übung wieder ablegen.

Bei Teilleistungsstörungen hingegen geht die Forschung davon aus, dass eingehende Reize und Informationen vom Gehirn des Kindes nicht richtig verarbeitet werden.

Wissenschaftler vermuten außerdem, dass Teilleistungsstörungen angeboren sind und vererbt werden. Für diese These spricht, dass in vielen Familien mehrere Personen betroffen sind. Die gute Nachricht: Durch konsequentes Üben kann dein Kind Strategien entwickeln, die ihm beim Schreiben(-lernen) helfen!

b) Wer stellt eine Teilleistungsstörung fest?

Hast du den Verdacht, dass bei deinem Kind eine Teilleistungsstörung vorliegt? Zunächst einmal solltest du das Gespräch mit den Lehrkräften deines Kindes suchen. Dabei könnt Ihr Euch über Eure Einschätzungen zur Schriftsprache deiner Tochter oder deines Sohnes austauschen.

Als nächstes solltest du Kontakt zu einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychatrie oder -psychologie suchen, der eine ausführliche Diagnose durchführen wird. Dazu gehört neben dem eigentlichen Lese- und Schreibtest auch ein Intelligenztest. Außerdem begutachtet der Arzt oder die Ärztin die allgemeine Entwicklung und wirft einen Blick auf psychosoziale Bedingungen des Kindes.

Wenn bei deinem Kind eine Teilleistungsstörung festgestellt wird, sollte es von Fachleuten betreut werden, also von Legasthenie- oder LRS-Trainern oder Lerntherapeuten.

Und nun?

Ganz egal, warum es bei deinem Kind mit dem Schreiben noch nicht so klappt: Extrem wichtig ist es, dass dein Kind Hilfe bekommt und das möglichst frühzeitig. Nur so kann dein Kind seine Schwierigkeiten in den Griff bekommen.

Außerdem möchte ich dir empfehlen, mit deinem Sohn oder deiner Tochter offen über die Problematik zu sprechen. So verhinderst du, dass dein Kind aus seinen Schwierigkeiten falsche Schlüsse zieht („Ich bin zu dumm“) und sich mit negativen Glaubenssätzen selber blockiert. Auch kann es mit dem Wissen im Falle von Hänseleien in der Klasse angemessen reagieren.

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5 Kommentare zu „3 mögliche Gründe, warum dein Kind noch nicht schreiben kann“

  1. Liebe Ilka!
    Dein Artikel bietet sehr viel Infos und gefällt mir auch aufgrund der klaren Strukturierung und der Beantwortung vieler Fragen, die sich Eltern und auch Lehrpersonen in diesem Zusammenhang stellen.
    Ich werde ihn bei Bedarf gern an die Eltern meiner Lerncoachees weiterleiten.
    Danke für den tollen Beitrag!

  2. SehrgeehrteDamenundHerren,
    Mein Sohn ist im Gymnasium. Er liest gut und spricht drei Sprachen, aber er hat das Problem, dass seine Handschrift für die Leser nicht klar ist. Was kann ich tun, bitte beraten Sie mich

  3. Unser Sohn hat auch sehr lange gebraucht, um schreiben zu lernen. Da er immer noch Schwierigkeiten hat, sind wir derzeit auf der Suche nach einer Fachärztin für Kinder. Es könnte auch sein, dass er an einer Leserechtschreibhilfe leidet.

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