Warum ich im LRS-/Legasthenie-Training an den Symptomen arbeite

Warum ich an den Symptomen arbeite. Ärztin Cartoon, mit Brille und Stethospkop und erhobenem Zeigefinger

Neulich schrieb mich eine entfernte Bekannte an, um mir eine gute Idee für mein Lerntraining zu präsentieren.

Einige Textnachrichten später bekam ich von ihr den Link zu einem Video. Dort berichtete eine Mutter begeistert, wie sehr sich ihre von der Schule gefrustete Tochter nach der Einnahme von Nährstoffen verändert hatte: „Vorher schrieb sie nur Dreien, jetzt hat sie überall eine 1!“ Allmählich dämmerte mir, wie die Business-Idee aussehen könnte, die die Bekannte für mich hatte.

Und tatsächlich kam sie relativ schnell zur Sache: Ich sollte meinen Lernkinder ebenfalls den Zugang zu den in dem Video erwähnten Nährstoffen möglich machen. Denn so könnte ich direkt die Ursache ihrer schulischen Probleme beheben.

Schön wäre es, wenn die Probleme von Kindern mit Lese- und Rechtschreibproblemen so leicht zu lösen wären!

Was genau die Ursachen für die Probleme meiner Lernkinder sind, weiß ich oft nicht und daher arbeite ich im LRS-/Legasthenie-Training an den Symptomen.

Was können die Ursachen für LRS/Legasthenie sein?

Übrigens geht es nicht nur mir so, dass ich die genauen Ursachen für LRS/Legasthenie nicht kenne. In der Wissenschaft geht man davon aus, dass massive Probleme mit dem Erwerb der Schriftsprache genetische Ursachen haben können. Bei dieser Personengruppe läuft die Verarbeitung der (Schrift-)Sprache im Gehirn anders ab als bei der Mehrheit. Für die These der genetischen Veranlagung für LRS/Legasthenie spricht die Beobachtung, dass es in manchen Familien oft mehrere Betroffene in unterschiedlichen Generationen gibt.

Was ist LRS, was ist Legasthenie und was ist der Unterschied?

Vielleicht findest du es verwirrend, dass ich oft LRS/Legasthenie schreibe. Warum ich das mache?
In der Fachwelt existieren keine eindeutigen und allgemein anerkannten Definitionen, was die beiden Begriffe bedeuten und inwieweit sie sich unterscheiden. Das kann sehr verwirrend sein!

Oft ist es so, dass „Legasthenie“ für schwere Störungen des Lesens und Schreibens verwendet wird, bei denen man davon ausgeht, dass sie genetische Ursachen haben. Genauso wird für solche Fälle aber auch von manchen Fachleuten der Begriff „LRS“ benutzt, da sie das Wort „Legasthenie“ als stigmatisierend empfinden und deshalb vermeiden möchten.
Für erworbene Probleme mit dem Schreiben und Lesen hingegen wird oft „LRS“ verwendet.
Hier kannst du übrigens mehr über das Begriffs-Wirrwarr rund um die Thematik lesen:
https://ilkakind.de/unterschied-lrs-und-legasthenie/

Probleme mit der Schriftsprache durch ungünstige Bedingungen

Viele Kinder mit Problemen beim Lesen und Schreiben leiden darunter, dass der Erwerb der Schriftsprache unter ungünstigen Bedingungen stattfand oder aktuell stattfindet.

Diese ungünstigen Bedingungen, die das Lesen und Schreiben erschweren, können ganz unterschiedlicher Natur sein. Vielleicht hat das Kind persönliche Probleme, die es stark beanspruchen oder ablenken? Oder es hat längere Zeit in der Schule gefehlt und dadurch den Anschluss verpasst?

Das sind Fälle, bei denen individuelle Faktoren für die Schwierigkeiten mit dem Lesen und/oder Schreiben verantwortlich sind.

Ich habe allerdings bei vielen meiner Lernkindern festgestellt, dass häufig drei nicht-individuelle Faktoren für die massiven Probleme mit der Schriftsprache verantwortlich sind:

  • Wenn ich mir die Rechtschreibprobleme einiger Kinder anschaue, kann ich die Homeschooling-Phasen und den Wechselunterricht 2020 und 2021dafür verantwortlich machen. Wie das? Ich schaue, in welcher Klasse die Kinder damals waren und ganz oft sind sie bei den Rechtschreibthemen, die zu diesem Zeitpunkt auf dem Plan standen, sehr unsicher. Übel ist es, wenn es dabei um ganz fundamentale Themen geht, die dem Kind auch den Erwerb weiterer Rechtschreib-Schritte erschweren.
  • Oft sind auch unpassende Lehrmethoden dafür verantwortlich, dass die Kinder besonders mit dem Schreiben große Schwierigkeiten haben. Ganz besonders problematisch sehe ich dabei die Methode „Lesen durch Schreiben“ (auch unter „Schreiben nach Gehör“ bekannt). In Fachkreisen ist dieser Ansatz höchst umstritten. In einigen Bundesländern ist das Arbeiten auf diese Weise verboten, doch leider ist das offensichtlich noch nicht in alle Grundschulen vorgedrungen.
  • Vielen Kindern fehlen ausreichende Übungsphasen, in denen sie das Gelernte so lange wiederholen, bis sie es „wie im Schlaf“ können, bis es automatisiert ist.

Ganz oft ist übrigens nicht ein einzelner Grund für die Probleme mit dem Lesen und Schreiben verantwortlich, sondern eine Mischung aus mehreren Gründen.

Darum arbeite ich in meinem Lerntraining an den Symptomen!

braunhaarige Ärztin mit blauem Kittel, Stethoskop und Glühbirne

Du siehst also, dass es vielfältige und sehr unterschiedliche Gründe geben kann, warum ein Kind nicht richtig liest oder schreibt. Die Ursachen kennt man teilweise nicht oder kann sie nicht beheben.

Aber ganz ehrlich: Für meine Arbeit ist das gar nicht wichtig, weil ich ja an den Symptomen arbeiten. Das bedeutet allerdings nicht, dass ich wahllos an den Kindern herumdoktore! Ganz zu Beginn unserer Zusammenarbeit schaue ich genau nach, wo das Kind steht – was es schon gut kann und wo es noch Unterstützung braucht.

Gemeinsam entwickeln wir Strategien, wie das Schreiben und Lesen leichter wird. Dann geht es darum, in Übungsphasen das Gelernte gründlich zu festigen. Und so kann es dein Kind gut schaffen, sicher im Lesen und Schreiben zu werden.

Ganz ehrlich: Oft dauert der Aufbau eines soliden Fundaments für das Lesen und Schreiben. Abkürzungen (auch in Form von „Wundermittelchen“) gibt es leider nicht, deshalb ist es in meinen Augen sinnvoller, direkt mit einem soliden Training deines Kindes zu beginnen.

Bei Fragen kannst du dich sehr gerne für ein kostenloses 20-Minuten-Gespräch bei mir melden:

4 Kommentare zu „Warum ich im LRS-/Legasthenie-Training an den Symptomen arbeite“

  1. Hallo Ilka,
    vielen Dank für diesen sehr interessanten Artikel. Ich habe auch schon Werbung für solche Wundermittel gesehen. Gut, dass du aufklärst.
    Spannend fand ich auch, welche Gründe du für mangelnde Rechtschreibkenntnisse beobachtet hast. Bei einigen Kindern ist da bestimmt viel zusammengekommen.
    Liebe Grüße
    Wiebke

    1. Liebe Wiebke,
      danke für deinen netten Kommentar. Wundermittelchen wirken ja leider meistens nicht.
      Mir tun die Menschen leid, die auf falsche Versprechungen reinfallen und dadurch Geld
      verlieren. Und schlimmer ist es vielleicht sogar, dass sie wertvolle Zeit verplempern,
      in der man an dem Problem hätte arbeiten können.
      Aber das kennst du aus der Logopädie ja vielleicht auch.
      Viele Grüße
      Ilka

  2. Liebe Ilka, super gut zusammengefasst. Alle deine Gründe sind gut nachvollziehbar. Wenn ich mir “meine Coachingkinder” so ansehe, dann ist der Punkt mit mangelnder Verfestigung und ungenügenden Übungszeiten ganz oben auf der Liste. Für ganz viele Schüler und Schülerinnen wird das Fundament viel zu schnell gebaut und ist daher nicht fest und deshalb nicht geeignet für den restlichen Hausbau.
    Liebe Grüße, Ulrike

    1. Liebe Ulrike,
      vielen Dank für deinen wertschätzenden Kommentar!
      Wie traurig, dass wir beide immer wieder feststellen müssen,
      dass bei ganz vielen Kindern das Fundament fürs Lesen und Schreiben
      nicht stabil genug ist und sie deshalb Probleme bekommen.

      Viele Grüße
      Ilka

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