Jahresrückblick 2022 – Ein Jahr mit Brüchen

2022 war ein Jahr mit vielen Veränderungen. Auf einmal gab es Krieg, gar nicht weit von uns entfernt. Flüchtlinge kamen nach Deutschland und Waffen wurde von der deutschen Regierung in die Ukraine geliefert.
Eine Zeit später wurde klar, dass wir Stromengpässe zu befürchten hätten. Und auf einmal setzten sich Grüne Spitzenpolitiker für den Erhalt der Kernkraft ein. Ich war erstaunt, wie schnell meine politischen Grundwerte und Überzeugungen wegbrachen.

Auch mein Leben war dieses Jahr von vielen Brüchen geprägt: von Aufbrüchen, Umbrüchen, Zusammenbrüchen, Abbrüchen, Wegbrüchen, aber auch von Durchbrüchen.

Teilweise fühlten sich diese Brüche schlecht an und machten mir das Leben schwer.
Andere Brüche wiederum empfinde ich im Nachhinein als positiv und befreiend.

Eine Gemeinsamkeit haben alle Brüche: Sie haben viel Kraft gekostet, waren anstrengend und haben für Veränderung gesorgt.
Und so blicke ich erschöpft auf ein turbulentes und bewegtes Jahr zurück. Zugleich empfinde ich aber auch Dankbarkeit für das, was war.

Auf Reisen oder: Klimawandel live

Dass sich das Klima ändert, bemerken wir schon seit Jahren. Aber dieses Jahr hatte ich das Gefühl, ein neues Level erreicht zu haben. Was haben wir dieses Jahr geschwitzt bei Temperaturen bis zu 40 Grad! Ganz besonders fielen mir die veränderten Temperaturen in Urlauben auf.

Der Auftakt: Skiurlaub bei 20 Grad

In Hessen hatten wir dieses Jahr erst spät Osterferien. Immerhin schafften wir es, in der letzten Woche des Skibetriebs Winterurlaub in Österreich zu machen. So war es zumindest geplant.

Tatsächlich fühlte es sich wegen der hohen Temperaturen mit bis zu 20 Grad ganz anders an. Für mich nicht schlimm, da ich mich schon seit Jahren nicht mehr auf Skier stelle und auch der Rest der Familie fand es in Ordnung, nur vormittags auf die Piste zu gehen.

Die Steigerung: Heißer Hunsrück

An Fronleichnam ging es für uns zum Großfamilien-Camping in den Hunsrück. Das hat eine lange Tradition, neu war hier das Problem mit der Hitze. Normalerweise ist es auf dem Campingplatz auch bei hohen Temperaturen gut auszuhalten. Es gibt einen Schwimmteich und mehrere Bäche zum Abkühlen.

Aber dieses Jahr hatten wir das Gefühl, dass sich die Hitze in dem Tal staute und es war kaum auszuhalten. Also fuhren wir zwei Mal zum Erbeskopf, dem höchsten Berg von Rheinland-Pfalz und haben dort die Kinder die Sommerrodelbahn und den Kletterwald testen lassen, ansonsten stundenlang beim Picknick möglichst bewegungslos im Wald gesessen.

Der Höhepunkt: Zuflucht bei Christian Dior

Eine Steigerung der Hitzeerfahrung erlebten wir im Sommerurlaub.

Im August ging es für meine Familie in die Normandie und Bretagne. Ich war in jungen Jahren sehr oft in Nordfrankreich gewesen und erinnere mich, dass ich nur ein einziges Mal kurz im Ärmelkanal baden gewesen war. Und auch da war es eher ein kalter Pflichtpunkt und kein Vergnügen gewesen.

Ganz anders war es dieses Jahr in Nordfrankreich. Das Meer war angenehm temperiert, an Land allerdings war es teilweise unerträglich.

Wir hatten die Campingplätze früh im Jahr gebucht und keinen besonderen Wert auf einen schattigen Stellplatz gelegt, schließlich sollte es ins eher kühle Nordfrankreich gehen. Das war ein großer Fehler, denn der Stellplatz unserer ersten Station war in der prallen Sonne und das war bei knapp 40 Grad einfach nur furchtbar.

Ausflüge machten wir – wenn überhaupt – sehr früh morgens und ich suchte in Reiseführern und Karten nicht nach besonders schönen Stellen oder Touren, sondern nach Schattenplätzen. Auch der Aufenthalt am Strand war wegen der erbarmungslosen Sonne eine Qual.

Am heißesten Tag unseres Aufenthalts flüchtete ich mich mit meiner Tochter und einem Buch in den Garten von Christian Diors Geburtshaus. Dort gab es ihn nämlich, den heiß begehrten Schatten! Zurück auf dem Campingplatz war es immer noch extrem heiß. Ich schnappte mir mein Buch und ein Handtuch und setzte mich auf einen leeren Stellplatz, wo es immerhin etwas Schatten gab. Nach einer Viertelstunde musste ich mein Exil wieder verlassen, weil neue Camper ankamen. „Wir bauen nur auf, Madame. Dann können Sie gerne wieder hier sitzen!“

Ich suchte mir einen anderen freien Stellplatz mit Baum und dort ereilte mich kurze Zeit später das selbe Schicksal wie kurz zuvor. Es kamen neue Gäste, die mir auch wieder anboten, mich nach dem Aufbauen wieder unter den Baum zu setzen. Auch andere Camper boten mir an, bei ihnen auf dem Platz im Schatten zu sitzen.

Ich war nicht böse, als wir nach ein paar Tagen den heißen Platz verließen und weiter in die Bretagne fuhren.

Schatten und Nieselregen – Hurra!

Und was hatten wir dort für ein Glück! Wir bekamen einen Stellplatz unter einem Baum, Schatten war also garantiert und dann fing es sogar an zu nieseln. Ich fand das nach dem Backofen-Feeling der Tage zuvor richtig angenehm, obwohl Camping bei Regen nicht gerade mein Ding ist.

Aber bei mir brach dieses Jahr ohnehin ein gutes Stück meiner Camping-Begeisterung weg, die ohnehin immer schwankt. Dieses Jahr schien mir alles mühsamer und aufwändiger. Der Weg mit Wohnwagen hintendran ist lang und teuer. Und das, was Camping für mich immer attraktiv gemacht hatte, ist inzwischen in der Hauptsaison kaum noch möglich: Spontan irgendwo hinfahren und wenn es einem reicht, einfach weiterreisen.

Das Ende der Camping-Ära?

Dazu kam dieses Jahr noch, dass das wochenlange enge Zusammengepferchtsein mit den hauseigenen Teenies für beide Seiten nervenaufreibend war. Ein Umbruch in Sachen Urlaubsgestaltung zeichnet sich ab. Solange die Kinder noch mitreisen, sind Ferienwohnungen sicherlich die bessere Wahl. Aber dann, wenn sie irgendwann nicht mehr mitfahren, werden mein Mann und ich vielleicht wieder ursprüngliches Camping machen, so wie wir es mögen – ohne viel Kram und ganz flexibel.

Es war bestimmt nicht der beste Urlaub aller Zeiten, aber schöne Momente gab es auch hier.

Reisen nahmen nur einen kleinen Teil meines Jahres ein. Ein sehr viel wichtigeres Thema war 2022 der Start in meine Selbstständigkeit.

Mein beruflicher Weg

Vorgestellt hatte ich mir mein berufliches Jahr 2022 wie eine Wanderung in den Bergen und dazu Anfang des Jahres einen Karussell-Post im Rahmen einer Challenge von Lena Busch auf Instagram gemacht.

So sah der Plan aus. Wie aber wurde es nun wirklich?

Vorbereitung auf meine Selbstständigkeit

Nachdem ich Mitte 2021 beschlossen hatte: „Ich mache mich selbstständig!“, hatte ich viel Zeit und Energie in die Vorbereitung auf diesen Schritt gesteckt.

Rechtzeitig zum Wechsel ins zweite Schulhalbjahr im Februar machte ich mich selbstständig und dann passierte …

… nichts.

Gefangene meiner Glaubenssätze

Eigentlich hatte ich vorgehabt, ausschließlich online zu unterrichten. Die letzten Corona-Jahre hatten mich zu diesem Entschluss gebracht. Anfang des Jahres wurde bei mir allerdings die Sehnsucht so groß, direkten Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen zu haben, mit denen ich arbeite. Also beschloss ich kurzerhand: „Ich arbeite in Präsenz!“

Das Arbeiten in Präsenz bedeutete aber auch, dass ich vor Ort sichtbar werden müsste. Online hatte ich diesen Schritt schon gewagt, aber im realen Leben mein Angebot zu zeigen, fiel mir unglaublich schwer. Fiese Stimmen redeten mich in meinem Inneren klein und verspotteten mich für meine Idee, mich selbstständig zu machen. Alleine kam ich nicht weiter.

Also suchte ich mir Hilfe beim Coaching und das war sehr hilfreich. Denn daraufhin traute ich mich, in meinem kleinen Dorf zwei Aushänge aufzuhängen, einen in der Post und einen in der beliebten Mini-Bäckerei, vor der oft am Wochenende Schlange gestanden wird.

Ich dachte, dass sich erst einmal niemand melden würde, dass sich mein Angebot erst einmal herumsprechen müsste. Aber schon kurze Zeit später meldeten sich Interessenten. Mitten im Osterurlaub kamen täglich Anfragen. Und das Ulkige war: Es waren nicht nur Leute aus meinem Dorf, die sich meldeten, sondern Menschen aus ganz Deutschland, die mich über meine Website gefunden hatten.

Ich war überfordert. Ganz naiv hatte ich mir vorgestellt, dass ich immer mal alle 2 bis 3 Monate ein neues Kind im Training bekommen würde und nun startete ich direkt mit 4 Kindern.

Ein Büro muss her

Da ich ja eigentlich hatte online unterrichten wollen, hatte ich kein Büro und konnte die Stunden auch bei uns zuhause nicht in einem ungestörten Rahmen anbieten. Also beschloss ich, Hausbesuche bei meinen Lernkindern zu machen. Bei den Kindern aus meinem Dorf war das kein Problem, aber es meldeten sich auch Familien aus weiter entfernten Orten. Dort hinzufahren hätte sich für mich nicht gelohnt und es zeichnete sich ab: Ein Büro muss her! Und zwar zur Untermiete, da ich für meine paar Stunden keinen eigenen Raum brauche.

Eine erste Suche im Internet war ernüchternd: Zur Untermiete fand ich kaum Angebote und wenn, dann waren die verlangten Preise für mich nicht realisierbar.

Und nun? Ich machte ein Brainstorming und mir fielen ein paar Vereine oder Organisationen ein, wo ich nachfragen wollte, ob ich dort einen Raum zur Untermiete bekommen könnte.

Die Entdeckung der Pro-Aktivität

Insgesamt schrieb ich 4 Mails. Eine Absage bekam ich, ein sehr netter Herr von einem Verein bot mir weitere Hilfe bei der Suche nach einem Raum an. Aber die war gar nicht mehr notwendig, denn ich bekam direkt zwei Angebote für Räume zur Untermiete und konnte mir den aussuchen, der besser passte.

Früher hätte ich mich nicht getraut, diese Mails zu schreiben. „Wenn die Leute einen Raum vermieten wollen, dann bieten sie ihn an“, „Ich will nicht nerven und aufdringlich sein“ und ähnliche Sätze hätten mich daran gehindert, die Initiative zu ergreifen.

Mit meinen Anfragen machte ich aber die Erfahrung, dass die Angesprochenen sehr freundlich reagierten und ich den Eindruck hatte, dass sie mir sogar gerne helfen wollten. Und so passiert es, dass ich immer mehr meine Neuentdeckung nutze und proaktiv handle.

Inzwischen habe ich ein Mal die Woche ein Büro zur Untermiete. Bei den Lernkindern aus dem Dorf mache ich nach wie vor Hausbesuche – das ist für beide Seiten eine gute Lösung: Lästige Fahrdienste fallen für die Eltern weg und ich brauche kein festes Büro. Für den Augenblick gefällt mir dieses Modell. Und wenn das nicht mehr passt, suche ich halt wieder neue Wege. Jetzt weiß ich ja, wie das funktionieren kann.

Angekommen in der Selbstständigkeit

Am Anfang fand ich meinen neuen Status als Selbstständige ungewohnt und fühlte mich unsicher. Aber irgendwann merkte ich, dass ich in diese für mich neue Form der Berufstätigkeit hineinwachse. Inzwischen ist mir diese Rolle nicht mehr unangenehm und ich bin froh über die Vorteile und Freiheiten, die mir die Selbstständigkeit bietet.

Und das Beste an meiner Arbeit als selbstständige Lerntrainerin ist: Immer wieder bemerke auf dem Heimweg vom Lerntraining, dass ich breit grinse: Mir macht meine Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen Spaß und ich habe das Gefühl, etwas wirklich Sinnvolles zu tun. Das ist einfach nur super!

Ich passe meine Pläne an

Eigentlich hatte ich vorgehabt, neben LRS-Stunden Handschrifttraining und einen Kurs zum Thema „Lernen lernen“ anzubieten. Ein explizites Schrifttraining wurde nur zwei Mal nachgefragt, was ich aus Termingründen allerdings nicht durchgeführt habe. Und zu dem Kurs, in dem ich Kinder fürs Lernen fit machen wollte, kam ich gar nicht. Schlimm war das allerdings nicht.

Denn es meldeten sich viele Eltern bei mir, deren Kinder Rechtschreibprobleme hatten. Teilweise leiden meine Lernkinder unter Legasthenie. Andere wiederum haben einfach Lücken in der Rechtschreibung aufgebaut. Bei den Kindern mit Legasthenie trainieren wir auch das Lesen und die Handschrift, bei den anderen liegt der Fokus auf der Rechtschreibung.

Meine virtuellen Kolleginnen

Was mir in meiner Solo-Selbstständigkeit manchmal fehlt, das sind Kollegen zum Austausch. Aber dem Internet sei Dank habe ich tolle Frauen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum kennenlernen dürfen, die mir ein bisschen das Kolleginnen-Feeling vermitteln. Ein Herzchen auf Instagram fühlt sich ein bisschen wie ein Grüßen im Vorbeigehen an, ein Kommentar wie ein kurzer Plausch an der Kaffeemaschine.

Und dann habe ich beim Kompetenzzirkel Lernen von Dina Beneken eine tolle Runde von Lernexpert*innen, mit denen es viel Austausch gibt. Das beschränkt sich übrigens nicht nur auf Fachliches. Im Netzwerk erarbeiten wir uns beispielsweise auch Marketingstrategien, überlegen alternative Einkunftsmöglichkeiten oder ziehen gemeinsame Aktionen wie das Reichweitenspiel im September oder den Adventskalender jetzt im Dezember durch.

Ilka goes online

Ein neues Kleid für meine Website

Da ich ja eigentlich direkt ein Online-Business aufbauen wollte, hatte ich letztes Jahr bereits eine Website gebaut. Die gefiel mir aber überhaupt nicht. Design, Schriften, aber auch die Inhalte und Formulierungen passten nicht. Ende 2021 hatte ich mir im „Startklar-Kurs“ von Sarah Gernhöfer viele Gedanken gemacht, wie meine Internetpräsenz aussehen sollte.

Meine erste berufliche Aktion 2022 bestand dann darin, die Website mit Hilfe meines Mannes umzubauen. Es gibt immer noch kleinere oder größere Baustellen auf der Seite, aber im Großen und Ganzen bin ich zufrieden mit meiner Homepage.

Instagram

Bei der Planung meines (Online-)Businesses war mir klar, dass ich auf SocialMedia aktiv werden sollte. Facebook war mir von Anfang an suspekt, also startete ich mit Instagram. Ich war skeptisch gewesen, ob das zu mir passen würde und hatte mir eine 6-wöchige Versuchsphase verordnet.

Nach 6 Wochen blieb ich dabei, weil mir die Möglichkeit zur Interaktion gefiel. Außerdem entdeckte ich eine neue Leidenschaft: Die Teilnahme an Challenges, wo eine Gruppe Interessierter zu vorgegebenen Themen postet. Wenn ich richtig gezählt habe, dann war ich dieses Jahr bei sechs Challenges dabei.

Ich hatte mir Anfang des Jahres als Ziel gesetzt, dieses Jahr 300 Follower zu haben. Irgendwann in der ersten Jahreshälfte hatte ich diese Zielmarke erreicht und jetzt, Ende des Jahres, zähle ich knapp 450 zu meinen Abonennt*innen. Aber so wirklich wichtig ist die Zahl meiner Follower nicht. Aktuell nutze ich Instagram vorwiegend zur Inspiration, zum Vernetzen und zum Austausch.

Meine Instagram-Nutzung darf sich im kommenden Jahr aber gerne ums Verkaufen meiner noch nicht vorhandenen digitalen Produkte erweitern. Aber vielleicht ist das auch nicht der passende Weg, denn Instagram ist und bleibt unberechenbar: Was wird ausgespielt? Was ist floppt, was ist erfolgreich? Wird es diese Plattform überhaupt noch ohne Videocontent geben? Ich werde sehen.

Was? Ich werde gelesen?

Mit dem Bloggen habe ich im Sommer 2021 angefangen und war ganz glücklich, so meine Schreibliebe wiederzuentdecken. 2022 sind bisher 27 Blogtexte entstanden.

Meine Artikel sind über fachliche Themen, also übers Lesen, Schreiben und Lernen. Ich schreibe aber auch gerne über benachbarte Bereiche und gebe gerne meinen Senf zu Schul- oder Sprachthemen. Und schließlich veröffentliche ich immer wieder persönliche Texte mit Rückblicken.

Diese 3 Blogartikel aus unterschiedlichen Bereichen, die dieses Jahr entstanden sind, mag ich übrigens besonders gerne:

Was für mich ein besonderer Augenblick war: Als die Mutter eines Lernkindes einen Ausschnitt eines meiner Blogtexte zitierte. So richtig hatte ich es nicht glauben können, aber mein Blog wurde tatsächlich gelesen!

Ein Blogartikel von mir rankt sogar ziemlich hoch bei Google und auf die Weise landen täglich Leser*innen auf meinem Blog. Als ich den Eindruck hatte, dass meine Arbeit in Präsenz ganz gut läuft, hatte ich vor, ein erstes Online-Produkt passend zu dem Thema dieses Textes zu entwickeln und anzubieten.

Das ist der Artikel, der täglich mehrfach gelesen wird

Aber auf einmal wurden andere Dinge wichtiger.

Mein Heimat-Hafen bricht weg

Wer alte Eltern hat, kennt sicherlich die Furcht vor dem Tag, an dem alles kippt.

Bei mir war dieser Tag Ende September. Mein 89jähriger Vater war zusammengebrochen und ins Krankenhaus gebracht worden. Nach drei Wochen mit viel Auf und noch mehr Ab starb er Mitte Oktober.

Es war schwierig, ihn im Krankenhaus leiden zu sehen. Und doch war es gut, dass ich ihn so erlebt habe, seine Hand gehalten und den so lange nicht mehr ausgesprochenen Satz gesagt habe: „Papa, ich habe dich lieb!“

Für mich war es ein bewusstes Abschiednehmen und Loslassen. Traurig und schwierig, aber irgendwie auch gut.

Der Held meiner Kindheit lebt nicht mehr.

Ich werde unfreiwillig zur Seniorenbetreuerin

Nach dem Tod meines Vaters hatte ich kaum Zeit zum Innehalten und zum Trauern. Es musste sehr viel Organisatorisches erledigt werden. Als kleines Special musste ich die Verschiebung der Beerdigung organisieren (lassen), weil meine Mutter und Schwester am ursprünglich geplanten Termin an Corona erkrankt waren.

Es zeichnete sich bald ab, dass meine Mutter nicht mehr alleine in der bisherigen Wohnung würde leben können. Durch glückliche Umstände bekam sie ganz schnell eine kleine Wohnung im Betreuten Wohnen in Baden-Baden, ganz in der Nähe meiner Schwester.

Das bedeutete, dass es sofort nach der Beerdigung darum ging, den Umzug zu organisieren, was meine Mutter nicht mehr schafft. Es gab und gibt so unglaublich viel Organisatorisches zu erledigen, so dass ich sehr bald beschloss: Den Rest des Jahres arbeite ich nur mit den Lernkindern, die schon bei mir sind. Ich nehme keine neuen Kinder an und ich setze auch nicht meine Pläne um, Online-Angebote zu entwickeln. Ein Schritt, der mir nicht leicht fiel!

Aber ich musste mit meiner Zeit und vor allem mit meiner Energie haushalten. Für die Aufgaben rund um meine Eltern musste ich mich in komplett neue Bereiche einfinden (Pflegegrad feststellen lassen, Kurzzeitpflege, Umzugsunternehmen kontaktieren, Ummeldungen vornehmen, Packlisten erstellen usw.). Als ich irgendwann beim Telefonieren mit der Krankenkasse meiner Mutter unbewusst die Warteschleifenmusik mitsummte und mich die Sachbearbeiterin begrüßte mit einem: „Frau Kind, wir haben ja erst vorgestern miteinander telefoniert!“, wurde mir klar, wie stark ich in diesem ganzen Orga-Kram eingetaucht bin.

Entwurzelt

Neben der Erleichterung darüber, dass meine Mutter eine schöne Unterkunft im Betreuten Wohnen gefunden hatte, machte sich aber auch ein anderes Gefühl bei mir breit, mit dem ich nie gerechnet hätte: Ich war traurig, dass meine Verbindungen in meinen Heimatort Haan nun abbrechen würden und fühlte mich entwurzelt.

Als Jugendliche hatte ich meinen Heimatort Haan als klein und piefig empfunden und ich war froh, als ich nach dem Abitur dort wegziehen konnte. Ich war zwar immer wieder zurückgekommen, teilweise wochenlang während der Semesterferien, um in einer der umliegenden Großstädte zu jobben und Freunde und Familie zu sehen. Und auch als Erwachsene hatte ich natürlich meine Eltern besucht.

Meine schlechte Meinung über meinen Heimatort war allerdings geblieben. „Hier ist nichts los. Gleichzeitig ist alles verbaut und zersiedelt und man muss beim Spazierengehen durch die Täler und Felder aufpassen, nicht versehentlich in den umliegenden Großstädten Solingen und Wuppertal zu landen“, war meine feste Meinung.

Als ich jetzt im Herbst so oft in Haan war, spazierte ich viel mit meiner Schwester bei wunderschönem Wetter durch die Stadt und die Umgebung. Viele Erinnerungen kamen wieder hoch und irgendwann stellte ich erstaunt fest: „So schlecht ist es hier doch gar nicht!“ Und vielleicht verbindet mich ja mit meinem Heimatort noch mehr als ein „So schlecht ist es hier doch gar nicht!“.

Nach hinten und nach vorne schauen

Während ich diesen Rückblick schreibe, passieren wunderbare Dinge:

  • Ich blicke noch einmal wertschätzend auf das zurückliegende Jahr zurück. Es war nicht immer einfach und angenehm, aber es hat sich viel entwickelt, ich habe viel gelernt (wohl am meisten über mich selber). Ich bin erschöpft, bei mir ist vieles in Unordnung geraten, aber trotzdem bin ich dankbar.
  • Und ganz nebenbei bilden sich bei mir Pläne und Vorhaben für das neue Jahr.

Pläne fürs neue Jahr

Tschüss Heimat!

Anfang des Jahres wird es noch einmal Phasen geben, in denen ich mich intensiv um meine Mutter und ihre Wohnung kümmern muss. Die erste Januarwoche startet mit ihrem Umzug nach Baden-Baden. Während sie in der Kurzzeitpflege ist, werden mein Bruder und ich ihre Sachen für ihr neues Leben in Baden-Baden packen. Dort werde ich auch wieder beim Auspacken helfen.

Später steht dann noch das Ausräumen(lassen) der alten Wohnung an und der Verkauf.

Ich hoffe, dass meine Geschwister und ich diese Aufgaben in den ersten Monaten des Jahres erledigen können, denn ich möchte mich unbedingt wieder mehr meinem Business und meinem eigenen Leben widmen können.

Pläne für meine Arbeit

Nach dem ersten Dreivierteljahr als Selbstständige möchte ich einiges an meinem Business ändern und in Ordnung bringen. Dazu gehören unter anderem:

  • Meine Buchhaltung in Ordnung bringen. Ich gestehe: Letztes Jahr habe ich zwar damit angefangen, bin mit dem kostenfreien Programm und mit der Buchhaltung an sich nicht zurecht gekommen. Jetzt habe ich mir einen Buchhaltungs-Coach gebucht, der mich hoffentlich an die Hand nimmt und mir Nachhilfe gibt.
  • Ich möchte endlich meinen Newsletter anbieten. Im Sommer habe ich hierzu einen Kurs bei Caro Möller besucht und intensiv am Freebie und am Newsletter gebastelt. Fast alles ist fertig, es fehlen noch ein paar Schritte und Optimierungen und dann kann ich auch über diesen Kanal potentielle Kund*innen ansprechen.
  • Mein Lerntraining vereinheitlichen. Aktuell gibt es zwei Vertragsformen und das ist ungünstig.
  • Ich habe einige Blog-Artikel, die für meine Verhältnisse oft gelesen werden. Aber ich entlasse die Leser*innen einfach so, biete nichts an. Wie unhöflich! Oder vielleicht eher: wie ungeschickt! Das möchte ich ändern und Angebote erschaffen, die für meine Leser*innen interessant und hilfreich sein können.
  • Bisher habe ich einfach so gebloggt. Nun habe ich aber den Eindruck, dass es gar nicht so verkehrt wäre, wenn ich mich etwas intensiver mit SEO beschäftige. Einen Kurs oder Workshop zur Suchmaschinen-Optimierung würde ich gerne irgendwann 2023 besuchen.

Mein Motto: In Ordnung

Im Business ist also in nächster Zeit das „In Ordnung bringen“ angesagt. Aber ich muss sagen, dass mir der Ausdruck „In Ordnung“ so gut gefällt, dass ich ihn als Motto nehme, um ins neue Jahr zu starten. Ich möchte ihn gerne auch in andere Bereiche übertragen.

In Situationen, die so nicht geplant waren, möchte ich schneller zu einer Haltung kommen, die mir erlaubt zu sagen: „Ist in Ordnung so!“

Und dann wünsche ich mir, dass es mir immer öfter gelingt zu denken und zu fühlen: „Ich bin in Ordnung!“

12 Kommentare zu „Jahresrückblick 2022 – Ein Jahr mit Brüchen“

  1. Herzlichen Dank liebe Ilka, dass du mir dein Jahr gezeigt hast. Fein, wie du die diversen Herausforderungen gemeistert hast. Oft wird einem erst beim Schreiben (und Lesen) bewusst, wie viel in so einem Jahr Platz hat.
    Alles Liebe dir
    Romy

  2. Liebe Ilka, ein Jahr mit ziemlich vielen Höhen und Tiefen hast du da erlebt. Das Foto von dir als kleines Kind mit deinem Vater hat mich sehr berührt.

    Ich wünsche dir, dass du neben allem Schwierigen genügend Zeit und Energie finden kannst für deine eigenen Pläne. Die hören sich richtig spannend an!

    Ich freue mich, dass wir uns als virtuelle Kolleginnen in diesem Jahr immer wieder ausgetauscht haben.
    Alles Gute für dich!
    Deine Wiebke

  3. Liebe Ilka!
    Danke, dass du uns in dein Jahr mit hinein genommen hast.
    Dein Rückblick, deine Worte haben mich sehr berührt.
    Ich umarme dich aus der Ferne. Und freue mich aufs nächste virtuelle Treffeb mit dir, durch ein Herz, ein Kommentar, oder eine persönliche Nachricht.

    Und ja: Du bist in Ordnung! Sogar mehr als das. Du bist goldrichtig! 💛

    1. Liebe Judith,
      vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Dein letzter Satz berührt mich sehr, vielen Dank dafür!
      Ich freue mich schon darauf, wenn wir uns auch im kommenden Jahr virtuell begleiten.
      Viele Grüße
      Ilka

      1. Liebe Ilka, ich habe mich gefreut, dich durch deinen Jahresrückblick etwas besser kennenzulernen. Wir folgen uns zwar schon eine Weile und ich habe mich sehr über deinen schönen Beitrag zu meiner Blogparade gefreut, aber so erfahre ich ein bisschen mehr über deine Selbstständigkeit und dein Angebot. Das Wortspiel zum Einstieg mit den Brüchen gefällt mir gut.
        Liebe Grüße
        Kerstin

        1. Liebe Kerstin,
          ich finde es auch immer wieder spannend, Rückblicke oder ähnlich persönliche Texte von Interntbekanntschaften zu lesen und sie dadurch etwas besser kennenzulernen.
          Viele Grüße
          Ilka

  4. Liebe Ilka,
    Danke für diesen interessanten Einblick in dein Jahr.
    Dein Motto für 2023 ist schön. Aber man soll ja gross denken. Du bist also Grossartig, Super, Wunderbar…
    Und dein Blog und die Website sind auch toll geworden!
    Herzliche Grüsse aus der Schweiz,
    Edith

    1. Vielen Dank fürs Motivieren, liebe Edith! Für 2023 bleibe ich bei dem Motto „In Ordnung“.
      Aber wer weiß, vielleicht werden ja 2024 die Wörter „großartig, super und wunderbar“ Teile meines Mottos?
      Viele Grüße
      Ilka

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